Archiv 2012

Veranstaltung "Menschen mit Behinderung im Deutschen Bundestag"

Holger Mende, Präsident des GSV, von Dr. Christoph Bergner CDU eingeladen…

Zuerst ist wichtig zu wissen, dass jeder direkt gewählte Bundestagsabgeordneter, genau einen Behinderten aus seinem Heimat-Wahlkreis einladen durfte. Das hatte zur Folge, dass es keine Abstimmung oder Vorbereitung darüber gab, wie viele Behinderte von welchen Verbänden eingeladen wurden.

Der Einladung an der Veranstaltung vom 26. bis 27.Oktober 2012 im Paul-Löbe-Haus in Berlin folgten ca. 299 Behinderte Menschen mit deren Begleitern, ca. 10 Blindenhunde und 15 Gebärdensprachdolmetscher.

Es trafen sich zufällig insgesamt nur vier hörbehinderte Menschen dort: 

Wolfgang Egle, wohnhaft in Tuttlingen,  Vereinsvorsitzender des Gehörlosenverein von Donautal-Heuberg Tuttlingen 1918 e.v., hochgradig schwerhörig.

Andreas Kammerbauer, wohnhaft in Hochheim stellv. Vors. Deutsche Gesellschaft der Hörgeschädigten, mittelgradig schwerhörig

Martin Zierold, wohnhaft in Berlin Bezirksverordneter Berlin-Mitte, gehörlos mit der Assistenz-Begleiterin.

Holger Mende, wohnhaft in Halle/S. 1. Vorsitzender des Gehörlosen-Sport-und Bürgerverein Halle/S. 1909 e.V. und Präsident des GSV Sachsen-Anhalt gehörlos.

Am Anfang der Veranstaltung gab es eine gute kurze Einführung durch Prof. Dr. Norbert Lammert (Präsident des Deutschen Bundestags). Er berichtete u.a. dass der Bundestag frisch beschlossen hatte, dass Informationen über den Deutschen Bundestag zukünftig auch in „Leichter Sprache“ angeboten werde. Anschließend redete jeweils ein Vertreter der im Bundestag vertretenen Fraktionen. Dabei wurde deutlich, dass hier bei allen nicht die Partei im Vordergrund steht / stand, sondern dass hier wirklich die Belange der Menschen mit Behinderung in den Mittelpunkt gestellt werden. Dies hatte sich erfreulicherweise während der gesamten Veranstaltung so fortgesetzt.

Die Teilnehmer konnten sich im Vorfeld für eine Arbeitsgruppe, nach den Ministerien der Regierung (z.B. 1. Arbeit und Soziales, 3. Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, 10. Sport und Tourismus usw.) anmelden.

 Die Behinderten sollten selber in den eigenen Arbeitsgruppen ihre Vorschläge den Abgeordneten der UN-Behindertenrechtskonvention unterbreiten und die Politiker sollten die Entwürfe, Verbesserungen und Ideen aufnehmen.

Bis jetzt ist das Sozialgesetzbuch IX von der Regierung für alle Behinderten nicht ausreichend und kann nur mit Schwierigkeiten umgesetzt werden.

M. Zierold und W. Egle hatten sich vorher auf eigenem Wunsch für die 3. Arbeitsgruppe. (Bildung, Forschung und Technikabschätzung) und W. Kammerbauer und H. Mende  für die 10. Arbeitsgruppe (Sport und Tourismus) festgelegt.

In der 10. Arbeitsgruppe haben sich Kammerbauer und Mende für die Forderungen der Hörbehinderten stark gemacht. Von den Politiker wurde alles für ihre weitere Arbeit aufgenommen. Es war sehr gut, dass wir dabei waren, denn die Probleme der Hörbehinderten sind nur wenig der Öffentlichkeit bekannt.

 Vor der Abschlussveranstaltung hatte Holger Mende noch ein Gespräch mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe. Er wies daraufhin, dass aus seiner Sicht zu wenig Gehörlose / Schwerhörige eingeladen wurden und somit kommunikationsbehinderte Menschen nur in 2 von 12 Arbeitsgruppen vertreten waren. Wie eingangs erwähnt gab es keine Vorfestlegung nach Behinderungsarten. Hier zeigt sich aber auch der große Nachteil bei uns. Unsere Behinderung ist eben eine Behinderung der Kommunikation.

Duch die Schwierigkeiten der Hörbehinderten mit der Kommunikation ohne fremde Hilfe (Gebärdensprachdolmetscher) kennen auch viele Bundestagsabgeordnete keine oder nur wenig Gehörlose / Schwerhörige. Erfreulicherweise hat Herr Hüppe diese Information auch im Abschlussplädoyer mit aufgenommen.

Die Abschlussveranstaltung diente dazu, dass aus jeder Arbeitsgruppe die Beschlüsse vorgetragen wurden. Diese werden gebündelt und allen Abgeordneten des Deutschen Bundestags zur Verfügung gestellt. Genereller Tenor war, dass diese Art der Veranstaltung regelmäßig wiederholt werden sollte und bei denen auch mehr Bundestagsabgeordnete teilnehmen sollten, um die Belange der Menschen mit Behinderung besser nachvollziehen zu können. Von den vielen Beschlüssen möchte ich einen bemerkenswerten Beschluss herausgreifen. Die Beweislastumkehr, d.h. nicht der Behinderte muss erneut beweisen warum er etwas braucht, sondern die Stelle muss nachweisen, warum der Behinderte keinen Anspruch auf etwas hat.

Lobenswert war auch die Organisation durch die Mitarbeiter im Deutschen Bundestag. Es waren viele Gebärdensprachdolmetscher anwesend und bei der Eröffnung sowie im Abschlussplenum im Foyer des Paul-Löbe-Haus gab es drei Schirme, an denen man den jeweiligen Redner, den Gebärdensprachdolmetscher sowie die gesprochenen Worte als Text mitlesen konnte. Der THW hat sich ebenfalls beteiligt und hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich alle Menschen mit Behinderung entsprechend sicher und aufgehoben fühlten.Ein herzlichen Dankeschön für die Einladung dem Christoph Bergner CDU. Mein persönliches Fazit: Die Reise nach Berlin hat sich gelohnt und war für mich als selbst Hörbehinderte sehr wertvoll.

 

Holger Mende